Pilotprojekt für bidirektionales Laden: Industrie und Netzbetreiber testen netzdienliche Nutzung von E-Autos
Unter der Leitung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) startet ein Pilotprojekt zum netzdienlichen bidirektionalen Laden, das vollständig von der Industrie finanziert wird. Ziel ist es, das bidirektionale Laden erstmals praxisnah und über alle Netzebenen hinweg zu testen, um E-Autos nicht nur als Verbraucher, sondern auch als aktive Energiespeicher in das Stromsystem zu integrieren.
Ziele des Projekts: E-Autos als flexible Netzstabilisatoren
Im Zentrum des Innovationsprojekts steht die intelligente Steuerung von Lade- und Entladeprozessen. Elektrofahrzeuge sollen künftig dann geladen werden, wenn Überschussstrom aus erneuerbaren Energien verfügbar ist, und bei Bedarf Strom zurück ins Netz speisen, wenn die Netzbelastung hoch ist oder die Stabilität gefährdet wird. Die Herausforderung besteht darin, alle Netzebenen gleichzeitig zu optimieren, von der Niederspannung bis zum Übertragungsnetz.
Robert Habeck über das Potenzial bidirektionalen Ladens
Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck betonte die Bedeutung des Projekts:
„Zukünftig sollen E-Autos nicht mehr nur Strom tanken, sondern ihn bei Bedarf auch wieder zurück ins Netz geben. So wird die E-Mobilität dazu beitragen, die Stromnetze deutlich besser auszulasten und die Stromkosten für Wirtschaft und Verbraucher zu senken.“
Das Pilotprojekt soll dazu beitragen, dass bidirektionales Laden in Deutschland möglichst schnell in den Regelbetrieb übergeht. Besonders attraktiv ist das Modell für E-Auto-Besitzer, da sie künftig mit dem Verkauf von Strom auch Geld verdienen können.
Projektpartner: Industrie und Netzbetreiber arbeiten zusammen
Das Projekt bringt eine breite Allianz führender Akteure aus der Energiewirtschaft, Automobilindustrie und IT-Technologie zusammen. Beteiligt sind:
Netzbetreiber:
- Bayernwerk Netz GmbH
- EWE Netz
- Lechwerke AG (LEW)
- TenneT TSO
- TransnetBW
Automobil- und Energiedienstleister:
- BMW
- MAINGAU Energie
- Octopus Energy
- The Mobility House
Diese Partner decken sowohl den Verteilnetzbereich (Niederspannung) als auch die Übertragungsnetzebene ab. Insbesondere TenneT und TransnetBW sind für das überregionale Hochspannungsnetz verantwortlich, während die Verteilnetzbetreiber Bayernwerk Netz, EWE Netz und LEW rund 10 % aller deutschen Marktlokationen in der Niederspannung versorgen.
Koordination und wissenschaftliche Begleitung
- Projektkoordination: UnternehmerTUM Innovationszentrum der TU München
- Wissenschaftliche Begleitung: European Coalition of the Willing for Bidirectional Charging
Diese Organisationen stellen sicher, dass die Erkenntnisse aus der Praxis direkt in die weitere Forschung und in politische Entscheidungen einfließen.
Wie funktioniert das bidirektionale Laden im Pilotprojekt?
Das Pilotprojekt testet verschiedene smarte Steuerungsmechanismen, die die Netzauslastung und die Energiepreise in Echtzeit berücksichtigen.
Optimierte Ladevorgänge durch digitale Steuerung
- App-gesteuerte Ladeplanung: Kunden legen per App fest, wann ihr Fahrzeug die gewünschte Ladung erreicht haben soll.
- Automatische Steuerung: Das System steuert den Ladevorgang dynamisch, um Netzbelastungen zu minimieren und gleichzeitig günstige Strompreise zu nutzen.
- Einbindung erneuerbarer Energien: Besonders bei hoher Einspeisung durch Solar- und Windenergie werden Ladevorgänge automatisch gestartet, um den Anteil erneuerbarer Energien im Netz zu erhöhen.
Dieses System führt zu einer Win-Win-Win-Situation für:
- Verbraucher, die von günstigen Ladestrompreisen profitieren.
- Netzbetreiber, die das Stromnetz stabilisieren und Engpässe vermeiden.
- Die Energiewende, da erneuerbare Energien effizienter genutzt werden.
Potenzielle Auswirkungen und Zukunftsperspektiven
Das Projekt ist auf eine Laufzeit von sechs Monaten ausgelegt. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für die breite Markteinführung dienen. Langfristig könnte bidirektionales Laden:
- Den Netzausbau reduzieren, da vorhandene Kapazitäten besser genutzt werden.
- Die Stromkosten für Verbraucher senken, indem günstige Ladezeiten genutzt und Einspeisungen vergütet werden.
- Die Nutzung erneuerbarer Energien optimieren, indem überschüssiger Solar- und Windstrom in Fahrzeugbatterien gespeichert wird.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Energiewende
Mit diesem Pilotprojekt wird das bidirektionale Laden erstmals auf allen Netzebenen in Deutschland getestet. Die breite Beteiligung von Netzbetreibern, Automobilherstellern und Energiedienstleistern zeigt das große Potenzial dieser Technologie.
Sollte sich das Konzept bewähren, könnte bidirektionales Laden schon bald zum Standard werden – und Elektroautos nicht nur als nachhaltige Fortbewegungsmittel, sondern auch als mobile Stromspeicher etablieren.
Weitere Informationen zum Projekt: GRIDS & BENEFITS